Das ambivalente Bild der Bauern

Die Mehrzahl der bildlichen Darstellungen von Bauern im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert stammt von Künstlern, die weder der gleichen Gesellschaftsschicht angehörten noch auf dem Land lebten, weshalb Klischees und Stereotypen überwiegen. Dennoch ist bei Zeichnern wie Dürer zumindest ein Interesse an authentischer Darstellung erkennbar, gelegentlich gar Sympathie.  

Die rustikalen Gesichtszüge von Bauer und Bäuerin und die breitbeinige  Pose des Mannes bezeichnen das wenig kultivierte Auftreten der Marktbauern, die Geflügel und Eier feilbieten. Die ausgestreckte Hand des Bauern ist als Aufforderung zum Kauf zu verstehen, soll aber womöglich auch seine ungehobelte Art andeuten.

 

Während der Zahnbehandlung nimmt eine Frau dem Bauern unbemerkt sein Geld aus dem Beutel. Im Einklang mit den Bauernsatiren der Zeit wird der Mann als Innbegriff von Leichtgläubigkeit gezeigt, der „Bauernfängern“ in die Hände fällt.

 

Kurz nacheinander dient derselbe Holzschnitt zwei unterschiedlichen Publikationen als Titelbild – zuerst einem „christlichen Unterricht der brüderlichen Liebe“, dann Luthers drastischer Diatribe gegen die aufständischen Bauern.

Das Bild ist uneindeutig genug für beide: Ist das Schwert in zerfetzter Scheide Arbeitsinstrument oder Waffe im Aufstand? Ist der Sack mit Eiern zum Verkauf bestimmt oder Beute? Ist die Gans Handelsgut des Marktbauern oder entstammt sie einer Plünderung? 

 

Bauernkrieger im Bild

Kaum sind in Bildern der Epoche die aufständischen Bauern eigentlicher Gegenstand der Darstellung oder werden gar mit Namen genannt. Die Perspektive ist fast immer diejenige der Herrschenden oder des Bürgertums. Verschwindend wenige Bilder sind aus der Bewegung der aufständischen Bauern hervorgegangen.

Die Bundschuhfahne war Symbol bäuerlicher Aufstandsbewegungen seit den Jahren um 1500. Die Graphik des unbekannten Künstlers, der nach seinen (wohl Jahre älteren) Illustrationen in dieser Petrarca-Übersetzung von 1532 benannt ist, steht einem Text voran, der „Von dem Hass des Volcks“ betitelt ist. Adressat ist der Ritter, nicht das gemeine Volk.

 

 

Die Namen „ACKER CONCZ“ und „KLOS WUCZER“ verweisen auf Ackerbau und Viehzucht als hauptsächliche bäuerliche Tätigkeiten. Der linke Bauer, mit pelzbesetztem Wams und Schwert, schlägt die Trommel. Der rechte trägt die Fahne. Die Darstellung von „Hinz und Klaus“ ist retrospektiv und typisierend. Es bleibt unklar, ob der Künstler auf ihrer Seite stand.

 

Auch bekannt als „Manifest des Bauernkriegs“. Entspricht der Holzschnitt womöglich am ehesten einem aus der Bauernschaft „selbst“ gekommenen Bild der Aufständischen?

Luther im Gespräch

Die 1520er Jahre sind im Reich von politischen, gesellschaftlichen und religiösen Konflikten geprägt, die nicht nur ihren Niederschlag in den Bildkünsten finden, sondern von diesen zuweilen auch befeuert werden: Der immer leistungsfähigere Bild- und Buchdruck sorgt für die schnelle Verbreitung von Argumenten, aber auch für die Zuspitzung von Gegensätzen.

Nach Art der berühmten Darstellung Dürers („Der kleine Kardinal“) von 1519 wird Albrecht mit der Würde seiner Ämter und Titel, aber weniger idealisiert dargestellt. Cranachs Porträt von Luther zeigt diesen als tonsurierten Augustinermönch, der von seiner Sache überzeugt, aber ansprechbar ist.

Die Stiche sind gleich groß und wirken wie Gegenstücke. Es ist allerdings unklar, ob sie mit konfrontativer Absicht entstanden; denn Albrecht war einer der wichtigsten Auftraggeber Cranachs.

 

Im Titelholzschnitt sind Kaiser Karl V. und Luther argumentierend einander gegenübergestellt. Der Kaiser ist mit Begleitern, darunter mindestens einem Kleriker, gezeigt. Luther steht allein, doch wirkt er gerade wegen dieser bildlichen Isolierung fast schon wie ein Monument seiner selbst.

Das Bild auf dem Titel der Polemik Fundlings gegen Luthers angebliche Doppelzüngigkeit, mit der er einerseits die Bauern aufgewiegelt, sie andererseits verraten habe, scheint aus dem Titelholzschnitt des Buches über Luthers Verhör in Worms von 1521 entwickelt worden zu sein. Der – mit Schwert und Lanze bewaffnete – „Pauer“, mit dem Luther argumentiert, vertritt hier die Gesamtzahl der Aufständischen.

 

Bildlehren, Bildkontroversen

Die Diskurse und Kontroversen der in den 1520 entstehenden beiden Konfessionen werden auch über Bilder geführt, sei es, dass die Grundbegriffe der jeweils eigenen Lehre vorgestellt werden, sei es, dass darin die Gegenseite attackiert oder dämonisiert wird. Die Aggressivität der Auseinandersetzungen mag auch die anderen gesellschaftlichen Spannungen angeheizt haben.

Die Bedeutung des gegen die römische Kirche gerichteten „Passional“ ergibt sich aus der Konfrontation der Holzschnitte und Beischriften auf der Doppelseite: Links ist Christus bei der Kreuztragung gezeigt, rechts der Papst, der sich in der Sänfte tragen lässt und so als „Antichrist“ charakterisiert wird.      

 

Der altgläubige Theologe Johannes Cochleus präsentiert in seiner Streitschrift „Sieben Köpffe Martin Luthers“ den Reformator als überzeugungslosen „Siebenkopff“ und Aufrührer, der je nach Lage die Rolle des „Doctors“, des mönchischen „Martinus“, des Türkenfreunds, des populistischen Geistlichen („Ecclesiast“), des „Schwirmers“, des „Visitierer“ oder des „Barrabas“ spiele. Als protestantische Antwort auf die Polemik von Cochlaeus darf der Holzschnitt „Das siebenhabtig Pabstier“ gelten.

 

Darlegung der theologischen Grundüberzeugungen Martin Luthers durch ein „Lehrbild“, in dem der „strenge“ alttestamentliche und der „gnädige“, erlösende Gott im Evangelium konfrontiert werden. Beide Seiten des Bildes sind durch den Baum des Lebens und des Todes, der auf einer Seite belaubt, auf der anderen unbelaubt ist, voneinander getrennt.

Bilanz 1: Ein lakonisches Siegesmonument

Die „Bauernsäule“ erscheint als Illustration von Albrecht Dürers Geometrie-Lehrbuch „Underweysung der Messung mit dem zirckel und richtscheyt“ (Nürnberg 1525). Das fiktive Siegesmonument über die „aufrührischen bauren“ – eine „Victoria“ nach Vorbild antiker Triumphsäulen – wird von einem gramgebeugten Bauern bekrönt, dem ein Messer im Rücken steckt.

Der erstochene Bauer thront über einem Turm aus landwirtschaftlichem Gerät. Maßangaben verleihen dem Projekt Plausibilität, auch wenn mit dem didaktischen Tonfall bitterer Humor einhergeht. Als Nächstes der von Dürer zum Bau vorgeschlagenen Monumente folgt eine Gedenksäule für einen verstorbenen Säufer, die aus Fässern, einem Bierkrug etc. besteht.

 

Auf dem hier als Detail gezeigten Unterbau steht die Datierung „Anno Domini 1525“.

Der separat abgebildete Sockel der Bauernsäule Dürers ist mit Haustieren (Ochsen, Schafen, Schweinen) verziert. 

 

Die Ähnlichkeit des Bauern mit Dürers „Schmerzensmann“ (Christus in der Rast) von 1511 lässt auf Mitgefühl des Künstlers mit den gerade besiegten fränkischen Aufständischen schließen.

Bilanz 2: Demut oder Selbstrechtfertigung?

Würzburger Fürstbischof zur Zeit der Bauernkriege ist Konrad II. von Thüngen (ca. 1466-1540, im Amt ab 1519). Konrad stellt sich den reformatorischen Ideen seiner Zeit entgegen. Durch den Bauernaufstand in große Bedrängnis gebracht, wird er durch die militärische Unterstützung des Schwäbischen Bundes gerettet. Um die politische Ordnung in Stadt und Hochstift wiederherzustellen, bestraft er die Anführer der Bauern und ihre Unterstützer hart. Den Papst bittet er zwei Jahre nach den Ereignissen um die Absolution.

Das in Renaissanceformen gestaltete Epitaph besteht aus einer Sockelzone mit Inschrift, einem architektonischen Rahmen und einem zentralen Relief, das nach oben mit einem baldachinartigen Giebelfeld abgeschlossen ist. Die Inschrift verweist ausdrücklich auf Konrads erfolgreiche Überwindung der „Aufruhr“ (seditio) während seiner Amtszeit. Im szenisch gestalteten Relieffeld kniet er betend vor der vollplastisch ausgearbeiteten Christusfigur. Erstmalig in der Grabdenkmalstradition des Würzburger Doms wurde ein verstorbener Fürstbischof nicht als Standfigur dargestellt.

 

Indem er hingebungsvoll und barhäuptig vor Christus betet, erscheint der Fürstbischof als Modell von Demut und Frömmigkeit.

Auf den Grabdenkmälern von Konrads Vorgängern werden die Insignien der geistlichen und weltlichen Macht, Bischofsstab und Herzogsschwert, von diesen selbst gehalten. Hier sind sie erstmals Begleitfiguren, einem Geistlichen und einem Marschall, zugeordnet.