Zerstörung und Aufbau
Den Beginn der frühen Neuzeit prägen soziale Spannungen und Unsicherheiten. Große Macht- und Rechtsgefälle lassen die Bauern unzufrieden werden. Im Sommer 1525 kocht die Wut über, offen lehnt sich die Bauernschaft gegen die Obrigkeit auf. Ihr Kampf um soziale Gleichheit geht mit der Zerstörung der Machtorte und -symbole einher: "Welcher vom Adel in diese christlichen Bruderschaft zu komen begert, sole und muß bewilligen, seine Schloss und Befestigung abbrechen zu lassen, [...]."
Wiederaufbau
Fürstbischof Konrad II. von Thüngen kann die Bauernstürme abwehren und den aufkeimenden Protestantismus unterdrücken. Hohe Reparationszahlungen werden den Aufständischen abverlangt. Zahlreiche Bauwerke als Orte der Macht müssen samt neuen Verwaltungsstrukturen wiederaufgebaut werden. Im 16. Jahrhundert entstehen vielerorts Repräsentations- und Wehrbauten, die viele unterfränkische Orte bis heute prägen.
Schäden und Reparationszahlungen
Nach Beendigung der Aufstände ermittelt eine Kommission die Schäden im Hochstift. Die abtrünnige Stadt- und Landbevölkerung muss enorme Schadensersatzzahlungen an Adlige und Ritter leisten. Dadurch sollen Rache- und Strafaktionen vermieden und die Gefolgschaft zum Fürstbischof gestärkt werden. Nach Bamberger Vorbild wird eine Vermögenssteuer von fünf Prozent sowie eine Herdsteuer eingeführt.
Inschrift Schloss Schwebheim 1575: „ANNO DOMINI 1525 IST DIS SCHLOS SCHWEBHEIM DVRCH DIE BEVRISCHE AVFRUR GAR AVSGEBRANT“
Tradition und Moderne
Mit den politischen Veränderungen verbindet sich die Frage nach alten und neuen Werten. Bewährtes wird tradiert, Neues erfunden, Formen aus Italien und anderen Ländern aufgegriffen. In der Baukunst lassen sich ‚teutsche‘ und ‚welsche‘ Manieren kombinieren und bedeutungsvoll in Spannung setzen. Säulen-Gebälk-Gestaltungen der Renaissance können selbstverständlich spätgotische Rippengewölbe tragen.
Schloss- und Amtsbauten
Die repräsentativen, teils befestigten Adelssitze verkörpern Herrschaft. Als Symbole der Mächtigen sind sie Feindbilder der Bauern. Zahlreiche Burgen und Schlösser fallen den Bauernaufständen zum Opfer, um deren Macht sichtbar zu brechen. Beim Wiederaufbau der Adelssitze sollen die Herrschaftsverhältnisse wieder sichtbar werden. Wappentafeln zeigen an, wer über den Ort und die Macht verfügt. Schlösser sind Teil des Erbes, das mit Stand und Herrschaft in Adelsfamilien vererbt wird. In verliehenen Ämtern hingegen können die Machtinhaber und -verhältnisse wechseln.
Zeichen der Macht
In Schlossbauten manifestieren sich in Stein gemeißelte Hoheitsansprüche. Größe und Wirkmacht durch Schauarchitekturen wie Giebel oder Portalinszenierungen sind geeignete Mittel. Als Symbole der Macht bleiben Türme wichtig, doch die Bergfriede alter Burgen gehen verloren, Treppentürme gewinnen dagegen an Bedeutung. Vorgelagerte Wendelsteine erschließen die Repräsentationsräume der Obergeschosse und dienen im Brandfall als sichere Fluchtwege.
Repräsentation
Schloss- und Amtsbauten repräsentieren. Sie verweisen auf etwas, das sichtbar herausgestellt werden sollte. Steinern und reich gestaltete Bauwerke deuten auf hohen sozialen Status und wirtschaftliche Potenz. Treppen und kunstvolle Brüstungen verkörpern herausgehobenen Stand. Erker erlauben den Blick von oben, zur Übersicht und Kontrolle. Anspruchsvolle und elegante Portal- und Fenstergestaltungen entsprechen höfischer Noblesse. Wehrhaft wirkende Bauten verkörpern militärische Stärke.
Wappensteine und Ahnenproben
Wenn Bauwerke Machtverhältnisse dokumentieren, dann fungieren Wappen wie Siegel auf diesen Dokumenten. Steinerne Wappentafeln weisen die Herrschaftsverhältnisse durch Zeichen und Inschriften aus. Exponiert sind die Orte ihrer Anbringung über Torbögen, Portalen oder an Fassaden. In Wappensteinen verbinden sich drei Elemente untrennbar – der Ort, die daran hängende Herrschaft und die dort herrschende Dynastie. In Ahnenproben, der Präsentation aller Wappen der Großeltern väter- und mütterlicherseits, werden die ererbten oder verliehenen Ansprüche des Bauherrn sichtbar gemacht.
Befestigungen
Im Bauernkrieg stürmen aufständische Bauern Burgen und Schlösser und zünden sie an. Viele Adelige bauen ihre zerstörten Burgen trotz Schadensersatzzahlungen nicht mehr auf. Andere befestigen ihre Adelssitze so, dass sie neuen Pulverwaffen und Angriffsmethoden standhalten. Kräftige Rondelle sind fester als Rundtürme und können Geschütze aufnehmen. Breite Gräben lassen sich fluten, um Unterminierungen zu verhindern. In Unterfranken entstehen vielerorts Wasserschlösser.
Zwingeranlagen
Vor die runden Geschütztürme lassen sich beidseitig gemauerte Gräben als Zwingeranlagen legen. Die Rondelle erhalten über Graben- und Feldniveau Geschützstellungen mit Maulscharten, um die Zwinger bestreichen und flankieren zu können. Maschikulis erlauben das Werfen und Schießen durch Öffnungen zwischen den Konsolen einer Brustwehr.
Pulverwaffen
Schwarzpulver ermöglicht Waffen mit hoher Reichweite und Durchschlagskraft. Belagerer schießen mit mauerbrechenden Kanonen oder graben Minengänge, um Mauern zu sprengen. Die Belagerten verteidigen sich mit Geschützen aus gewölbten Räumen oder mit leicht handhabbaren Hakenbüchsen. Man hängte sie in Prellhölzer ein, um den Rückstoß abzufangen.
Torbauten
Mit Barbakanen, oft Torbauten mit flankierenden Türmen, lassen sich Torwege sichern. Im Torbau bleiben Wehrelemente mittelalterlicher Burgen prägend, wenn auch nur symbolhaft. Schießscharten und Zinnen dienen zur Verteidigung, manchmal repräsentieren sie die Macht der Schlossherren auch nur. Egal ob wehrhaft oder wehrfähig, beides schreckt ab.
Sakralbauten
Bauern begegnen im Bauernkrieg auch kirchlichen Institutionen feindlich. Glauben und Frömmigkeit stehen nicht in Frage, aber der Missbrauch kirchlicher Macht und Teilhabepraktiken wie Heil gegen Geld. Zahlreiche Klöster als Herrschafts- und Wirtschaftsorte, weniger Pfarrkirchen, werden ganz oder teilweise zerstört. Die Reformation bewirkt eine Trennung der protestantischen und der katholischen Konfession. Die Herrschenden übernehmen konfessionskonforme Verantwortung für die sakralen Orte.
Konfession und Kirchenbau
In Unterfranken entwickelt sich zunächst keine spezifisch evangelische Sakralbaukunst. Vorhandene Kirchen werden weiter genutzt. Wird neu gebaut, dann werden durchaus bekannte Bautypen wie Chorturmkirchen weitergeführt. Mit gotischen Formen als ‚kirchischer‘ Stil lässt sich ungebrochen Sakralität ausdrücken.
Frömmigkeit und Kirchenraum
Reduzierter ist die Ausstattung der protestantischen Kirchen mit einem schlichten Altarraum und wenigen Bildwerken. Neben Altar und Taufstein für die beiden Sakramente gewinnt die Kanzel als Ort der Predigt an Bedeutung. Da Stiftungen für Nebenaltäre entfallen, verlagert sich die private Memoria auf architektonisch reich gefasste Epitaphien als Gedenkorte.
Patronage und Sakralbaukunst
Nach dem Bauernkrieg werden auch kirchenpolitisch die Hoheitsverhältnisse neu geordnet. Wer am Ort herrscht, bestimmte die Konfession. Die Verantwortung für das Sakrale und Werben für die eigene Konfession zeigt sich an Portalen, Altären, Kanzeln und Taufsteinen. Sie werden neu gefertigt und in katholischen Kirchen oft prächtiger und bildreicher ausgeführt.
Rathäuser
Räte vertreten die politischen Rechte und wirtschaftlichen Privilegien eines Ortes. Sie tagen in Rathäusern, die mit baulichen Mitteln Recht und Status sichtbar machen. Der Rat tritt entweder unabhängig oder als Vertretung eines Landesherrn in Erscheinung. Rathäuser sind mit landesherrlichen Verwaltungs- und Amtsbauten vergleichbar. Prägende Elemente sind: repräsentative Erscheinung durch Giebel, Treppenanlage und Eingang, Ratssaal und Kanzleiräume im Obergeschoss, Läden und Lager im Erdgeschoss.
Ländliches Rathaus
Das ländliche Lebensumfeld prägt die Rathäuser oder Gemeindehäuser in Dörfern. Ein Sonderfall sind reichsfreie Dörfer wie Gochsheim mit lehensunabhängiger Selbstverwaltung. Ländliche Rathäuser sind zwar kleiner, unterscheiden sich aber kaum von städtischen: Im Obergeschoss befinden sich Verwaltungsräume wie Ratssaal und Kanzlei, im Erdgeschosse Lager- und Verkaufsräume.
Städtisches Rathaus
Eine Reichsstadt ist nur dem Kaiser verpflichtet. Der Rat verfügt über viele Hoheitsrechte und -pflichten, Stadt und Territorium zu sichern. Das Rathaus repräsentiert den Herrschaftsanspruch durch hohe Ziergiebel, Turm- und Treppenanlagen und eine kunstvolle Tribüne samt Wappen. Im zweiten Markgrafenkrieg lässt der brandenburgische Markgraf Albrecht Alcibiades Schweinfurt 1553/54 plündern und brandschatzen. Der anspruchsvolle Rathausneubau erfolgt 1570/72 im Stil der Zeit.
Amtshaus und Stadtverwaltung
Das Volkacher Rathaus besitzt eine Doppelfunktion: Es dient den Würzburger Fürstbischöfen, seit 1520 die Stadtherrn, als Amtsgebäude und als Sitz des Rates. Unter Konrad III. von Bibra wird der Bau begonnen, fortgeführt ab 1544 durch Melchior von Zobel von Giebelstadt. Der Fürstbischof nimmt entsprechend Einfluss auf die Gestalt: Marktseitig erhält der Bau einen überhöhten Altan zur Repräsentation von Fürst und Rat. Rückwärtig wird wie bei Schlossbauten eine Wendeltreppe angefügt.
Bauwesen
Bereits Fürstbischof Lorenz von Bibra verfügt über ein Hofbauwesen samt Landeswerkmeister. Diese erhalten lebenslange Bestallungen, Jahrsold, Hofgewänder und ein Dienstpferd. 1515 erhebt der Straßburger Hüttenverband Würzburg zu einer Haupthütte. Der Werkmeister überwacht seither als Richter das Handwerksrecht landesweit. Ab 1518 ist Martin Knoch Landeswerkmeister und tritt im sogenannten Annaberger Hüttenstreit als Richter auf. 1529 ernennt Konrad von Thüngen Mertin Schraude zum Hof- und Domstiftswerkmeister. Nach dem Bauerkrieg ist Bauen nun Teil der Landesverteidigung: Werkmeister Schraude hat sich daher bei Bedarf „in Schlössern, Städten und Flecken und zu Feld in Feldlägern“ einzufinden, „Wagenburgen aufzuschlagen, Schanzen zu machen“ oder als Befehlshaber „Fußknechte zu schicken und zu führen“.
Bestallungen
Landes- oder Stadtherren stellen Bestallungen aus, wenn sie Werkmeister in ihre Dienste nehmen. Kanzleischreiber kopieren die Verträge in Würzburg in Standbüchern. Solche Amts- und Dienstverhältnisse bedeuten Standesaufstieg: Die Meister dürfen ihr Steinmetzzeichen im Wappen führen, erhalten Beamtensold, teils steuerbefreite Häuser, Hofkleidung und andere Privilegien der Hofgesellschaft.
Werkmeister und Landeswerkmeister
Zumeist gelten Werkmeister als Leiter von Bauhütten. Sie können jedoch sehr unterschiedliche Funktionen übernehmen. So leiten sie als Landeswerkmeister ein Hof- oder Landesbauwesen oder als Stadtwerkmeister das Stadtbauamt. Unter ihnen realisieren weitere landesherrliche oder städtische Werkmeister die konkreten Bauprojekte. In den Bezeichnungen kommen verschiedene Dienst- und Standesverhältnisse zum Ausdruck.
Straßburger Hüttenverband
Im Spätmittelalter gelten vielerorts unterschiedliche Handwerksregeln. 1459 verabschieden einige Bauhütten eine gemeinsame Ordnung. Haupthütten dienen als Gerichtsorte: Straßburg als Obergericht, Köln, Wien und Bern für die Eidgenossenschaft, später war auch Passau Gerichtsort. 1498 bestätigt König Maximilian die Ordnung. Um das Recht reichsweit durchzusetzen, wird das Netz der Haupthütten dichter geknüpft: Nach Magdeburg kommen 1515 zwölf Standorte hinzu, 1563 sind es 22.